Die Schülerinnen und Schüler des Ironi Hei College’s, Israel, sowie jeweils ein Schüler aus Estland und der Türkei verbrachten sieben bzw. neun Tage mit ihren deutschen Austauschpartnern in Bensheim und Berlin. Ein interessantes und ausgewogenes Programm ermöglichte sehr intensive und emotionale Erfahrungen. Gemeinsame Gespräche und Diskussionen führten die Jugendlichen zueinander. Die gemeinsamen Programmpunkte haben Spaß gemacht und viele neue Erkenntnisse gebracht. Die israelischen Jugendlichen organisierten Spiele, Aktivitäten – man machte gemeinsam Musik und sang; dass tat der allgemeinen Atmosphäre gut und brachte die Jugendlichen einander näher.
Der Besuch und die Teilnahme am Schulunterricht für einen ganzen Tag war sehr schön. So konnte man den Schulalltag sehr gut kennenlernen. Auch das Essen in der Schulcafeteria war sehr gut. Sehr geschätzt wurde, Israel in verschiedenen Klassen vorstellen zu können.
Ein Besuch in Deutschland ist auch eine „Reise in die Vergangenheit“ der deutsch-jüdischen Geschichte. Wichtig war es jedoch, nicht nur diese Vergangenheit zu sehen, sondern auch die schicksalsträchtige Zeit der deutschen Teilung kennenzulernen. Der Besuch an „der Nahtstelle des Kalten Krieges“, am Point Alpha, hinterließ bei allen Beteiligten einen bleibenden Eindruck. Im Grenzmuseum wurde deutlich, was Winston Churchill einst mit dem Begriff „Eiserner Vorhang“ beschrieb, und dass sich jeder in Todesgefahr begab, der sich dieser Grenze näherte bzw. sie überwinden wollte. Trotz des Regens wanderte die Gruppe vom Museum an der ehemaligen Grenze entlang bis zum amerikanischen Camp. Es war ein sehr seltsames Gefühl sich vorzustellen, dass hier vierzig Jahre lang eine permanente Kriegsgefahr bestand und die Soldaten wussten, dass ihre Überlebenschance im Ernstfall sehr gering war. Das damalige Gesellschaftsspiel „Fulda Gap“ aus den USA machte dies sehr deutlich – sollte doch hier in der „Fulda-Senke“ der Vormarsch der Roten Armee mit Atomwaffengewalt gestoppt werden.
Am ehemaligen Grenzkontrollpunkt Helmstedt/Marienborn konnte die Dimension der deutsch-deutschen Grenze erfahren werden. Diese Erfahrungen konnten die Teilnehmer in Berlin dann nochmals am ehemaligen Grenzübergang Friedrichstraße, der heute ein Museum beherbergt und „Palast der Tränen“ genannt wurde, vertiefen. Das Alltagsleben in der DDR war im Museum in der „Kulturbrauerei“ zu besichtigen. Und was mit Personen geschah, die kritisch oder ablehnend dem System der DDR gegenüberstanden, wurde hautnah im früheren Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen deutlich. Ehemalige Dissidenten führten die Gruppen und konnten aus ihren eigenen leidvollen Erfahrungen berichten.
Der Besuch in der Gedenkstätte Sachsenhausen wurde ein sehr besonderer, da ihm die Workshops in der „Topographie des Terrors“ und dem Holocaustmemorial vorgeschaltet waren, bei denen die Jugendlichen auch über ihre Gefühle sprechen konnten, sowie ein Aufarbeitungsgespräch, bei dem gesagt werden konnte, wie man den Besuch empfand. Die Jugendlichen schätzten es, dass dieser so schwere Besuch im KZ gemeinsam gemacht werden konnte und stellten fest, wie wichtig dies ist. Gemeinsam veranstalteten sie eine Gedenkzeremonie mit würdevollen Texten und Musik am ehemaligen Krematorium.
Heinz Löffler